Rolf, warum wurdest du Freimaurer bzw. wie verlief dein Weg in die Hildesheimer Loge?

Vor vielen Jahren begegnete ich anlässlich eines Opernbesuches zwei Herren während der Pause, die sich in einer mir bislang unbekannten Form sehr kontrovers und doch zugleich mit herzlichem Respekt über die Inszenierung austauschten. Beide bemerkten mein Interesse an diesem Dialog und baten mich sehr einladend, an diesem Meinungsaustausch doch teilzunehmen. Es folgte – der Opernpause geschuldet – ein kurzer tiefsinniger Gedankenaustausch, an dessen Ende ich ein freimaurerisches Symbol am Jackett der beiden Herren bemerkte. Auf meine interessierte Frage, ob die Herren Freimaurer wären, erhielt ich zur Antwort „Wir bekennen uns dazu“ und mir wurden zwei Visitenkarten überreicht mit der herzlichen Einladung, diesen „Zufallskontakt“ eventuell bei Gelegenheit fortzusetzen. Wochen später nahm ich diese Kontakte wahr und wurde zu einem 6-Augen Gespräch in ein mir bislang unbekanntes Gebäude eingeladen – dem Logenhaus der Freimaurer in Wiesbaden. Im Laufe des Gespräches über Kultur, Menschenwürde, Humanismus und Toleranz, gesellten sich weitere

Gesprächspartner hinzu und ich war fasziniert von den respektvollen und zugleich herzlichen Umgangsformen untereinander. Mein Interesse war geweckt und ich wurde nach 6 Monaten regelmäßiger Begegnungen in den Bund der Freimaurer aufgenommen. Vor über einem Jahrzehnt führte mich dann meine erste freimaurerische Reise nach Hildesheim und dort erlebte ich eine freimaurerische Zusammenkunft, in der ich als Unbekannter mit einer Herzlichkeit empfangen wurde, die mir das innere Gefühl gab, mit den dort anwesenden Brüdern eine besondere ehrliche Verbundenheit zu spüren. In den folgenden Jahren führten mich meine Wege oftmals in die Hildesheimer Loge und nach Verlegung meines Wohnsitzes von Hessen nach Niedersachsen für den verdienten Ruhestand vertieften sich diese wunderbaren Kontakte und Hildesheim ist daher meine neue maurerische Heimat geworden.

Was ist dir bei den Freimaurern anfangs besonders aufgefallen?

Der menschliche Brückenbau zwischen den Generationen, Kulturen, Glaubensrichtungen und unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Meinungen und Ansichten. Als 65+ ist es eine wahre Bereicherung, auch mit wesentlich jüngeren Brüdern, einen Gedankenaustausch auf Augenhöhe zu erleben, vom dem man gegenseitig Erkenntnisse gewinnen kann, ohne von einer Seite belehrend Themen zu erörtern.

Was gefällt dir bei den Freimaurern?

Glauben von Religion trennen zu können, Dogmen nicht anzunehmen und im Gegenüber den Menschen zu erkennen, ohne Unterscheidung nach Kultur, Religion, pol. Ausrichtung oder gesellschaftlichem Stand.

Worüber wird überhaupt in der Loge geredet?

Über alle universellen Belange, die uns als Mensch bewegen und betreffen. Oftmals strittig, jedoch niemals respektlos oder verletzend. Man geht mit sich und der Umwelt sehr achtsam um. Diese Umsetzung einer sehr sorgsamen, achtungsvollen Gesprächskultur strahlt damit auch in das berufliche, familiäre oder gesellschaftliche Umfeld aus.

und warum?

Achtsamkeit, Nächstenliebe, Toleranz und die Begegnung mit Menschen mit vertiefenden Dialogen sind ein stabiles Fundament für den menschlichem Umgang untereinander. Vielfalt statt Einfalt. Wie friedvoller wäre die Welt, wenn jeder Mensch die Meinung und Ideen des Gegenübers respektieren würde. Dieses Respektieren bedeutet ja nicht Befürworten.

Für wen ist Freimaurerei, deiner Meinung nach, etwas?

Für jeden Menschen, der mutig und aufgeschlossen genug ist, vor dem eigenen Spiegelbild selber zu erkennen, wie wertlos und unehrlich mühsam erbaute Fassaden sind, mit der man der Umgebung mehr Schein als Sein im Eigeninteresse vorgaukelt. Dies kann zu einem Überdenken des „Wo komm ich her, wer bin ich, wo gehe ich hin“ führen. Diese Eigenerkenntnis ist anfänglich schmerzhaft und ungewohnt, aber entwickelt sich zur eigenen Freiheit der Gedanken.

Was soll das sein?

Die Freiheit der Gedanken im Einklang humanistisch geprägter Menschlichkeit und Achtsamkeit der Umwelt gegenüber, verschafft den inneren Gestaltungsraum, auch nach außen hin vorbildlich zu leben.

Was rätst du einem interessierten Menschen, der diesen Text vielleicht gerade liest?

NEUGIERIG sein und sich bereichernden Dialogen und Erkenntnissen zu öffnen. Ein guter Weg dazu ist die Kontaktaufnahme zu dieser Loge.

Vielen Dank für das Gespräch Rolf